HEXEN FEIERN: JAHRESKREISFESTE UND HEXENSABBAT

Die zeitgenössischen Hexen und modernen Wicca feiern Jahreskreisfeste, meist acht verschiedene, auch Rad des Jahres (wheel of the year) genannt. Dabei gibt es keine strengen Regeln, die Praxis kann individuell oder auch von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich praktiziert werden.

Die acht Feste bestehen aus den vier Festen, die als dem keltischen Kalender entnommen gelten: Imbolc am 02. Februar, Beltane am 30. April, Lughnasadh am 01. August und Samhain am 31. Oktober, sowie den beiden Tag- und Nachtgleichen Ostara am 21. März und Mabon am 21. September sowie die Sommer- und die Wintersonnenwende Litha am 21. Juni und Yule am 21. Dezember.

HEXENSABBAT

Die saisonale Feier oder Zusammenkunft wird in zeitgenössischen Kontexten oft Sabbat genannt. Aber schon in der frühen Neuzeit wurden die Zusammenkünfte der historischen vermeintlichen Hexen als Hexensabbat bezeichnet. Diese Treffen wurden in Zusammenhang mit dem Teufel und Handlungen wie seiner Verehrung und sexuellen Ausschweifungen in Verbindung gebracht und waren Bestandteil des strafbaren Hexerei-Deliktes.

WAS BEZEICHNET DER BEGRIFF?

Der Begriff Sabbat wurde als antisemitischer Stereotyp im 14. Jahrhundert zunächst in Bezug auf die von der Kirche im Savoyen ausgeschlossene Gruppe der Waldenser sowie Zauberer (Schadenszauber als individuelles Vergehen) übertragen. Im 15. Jahrhundert wurde der Sabbat in der Deutschschweiz rezipiert und mit ‚Hexensabbat‘ übersetzt, im Deutschen wurde auch der Begriff ‚Hexentanz‘ verwendet. Hier flossen unterschiedliche Vorstellungen ein wie die von der sogenannten Wilden Jagd, der fliegenden Nachtschar, die dem Totenreich entstammten, oder den Feen-Tänzen.

Die theologische Lehrmeinung bezeichnete diese paganen Vorstellungen lange als Aberglauben, von ‚Heiden‘ ausgeübter Irrglaube. Im Laufe des 13. Jahrhunderts wandelte sich der Vorwurf hin zu angeblich real von sogenannten Häretikern oder Ketzern (von der kirchlichen Lehrmeinung abweichenden Gruppen) durchgeführten anti-christlichen Riten und auch sexuellen Orgien. Mit der sich entwickelnden Annahme eines kollektiven Teufelsglaubens wurde der Hexensabbat ab dem 15. Jhd. zusammen mit Teufelspakt, Teufelsbuhlschaft und Schadenszauber Teil des Hexerei-Deliktes und vor allem im 17. Jahrhundert intensiv beschrieben.

HEXENFESTE?

Die während der Hexerei-Prozesse meist unter Folter erhaltenen Aussagen über die Vorkommnisse auf den Hexensabbaten spiegeln die verbreiteten Vorstellungen der Ankläger wider. Die Hexensabbate in der im Sinne des Hexerei-Deliktes geschilderten Form hat es sicherlich nie gegeben.

Regionale Feste und Rituale der ländlichen Bevölkerung, die sich stark an den landwirtschaftlich-saisonalen Zyklen orientierten und in denen sich auch nicht-christliche Elemente erhielten, hatten nach wie vor Bedeutung, zumal außerdem christliche Feste oftmals um die Zeitpunkte saisonaler Feste herum etabliert wurden. So liegt Yule zum 21. Dezember nahe am christlichen Weihnachtsfest, Imbolc am 2. Februar ist Mariä-Lichtmeß, der 21. März markiert den Frühlingsanfang, Beltane am 30. April ist weltweit auch bekannt als Walpurgisnacht und bezieht sich auf die Hl. Walpurga und ihren Gedenktag, Litha am 21. Juni ist die Sommersonnenwende, der 1. August war als Hl. Petrus in Ketten lange Zeit ein wichtiges Fest, Mabon am 21. September kennen wir als Erntedankfest und Samhain (Halloween) ist der Vorabend zu Allerheiligen.

JAHRESKREISFESTE UND WICCA

Für die historischen Hexen als soziales Deutungsmuster kann nicht von einer Festtradition gesprochen werden – und die mögliche Tradierung nicht-christlicher Elemente in saisonalen Feierlichkeiten dürfte zahlreiche Veränderungen durchlaufen haben.

Die oben genannten acht Jahreskreisfeste für den zeitgenössischen Kontext gehen in dieser Form in erster Linie auf die Entwicklung der wichtigsten Ausprägung des modernen Wicca durch Gerald B. Gardner in den späten 1950ern zurück. Gardner behauptete, Ende der 1930er in England in einen traditionellen Hexenzirkel initiiert worden zu sein. Die Briten Gardner und Doreen Valiente entwickelten die Grundbausteine für die maßgebliche Traditionslinie des modernen Wicca. Die jahreszeitlichen und agrarischen Zyklen, auf die sich die Jahreskreisfeste beziehen, stehen für sie in Zusammenhang mit dem Lebenskreis von Göttin und Gott. In „Witchcraft Today“ von 1954 benennt Gardner die vier keltischen Feuerfeste (oben im Beitrag als Samhain, Imbolc, Beltane und Lughnasadh bezeichnet) und fügte später die Sonnenwendfeste und Tag- und Nachtgleichen zu dem bekannten Jahreskreis von acht Festen hinzu.

Die Jahreskreisfeste strukturieren das Jahr und die Zeit in einem zyklischen Sinn, der in Kreisläufe von Geburt, Wachstum und Vergehen eingebunden ist. Das Licht, die Pflanzen und Tiere und letztlich auch die Menschen bewegen sich so eingebunden durch das Jahr und das Leben.

Die zahlreichen religions- und ideengeschichtlichen Bezüge, die für die hier angesprochenen Entwicklungen relevant sind, werden in künftigen Beiträgen noch spannende Einsichten liefern.

Nachlesen: Britta Rensing (2005), XII – 4: „Wicca“, in: Michael Klöcker und Udo Tworuschka (Hg.), Handbuch der Religionen: Kirchen und andere Glaubensgemeinschaften in Deutschland, 10. Ergänzungslieferung, Landsberg am Lech.

Shelley Rabinovitch und James Lewis (2002), The Encyclopedia of Modern Witchcraft and Neo-Paganism, New York, hier S. 228ff.

Ulrike Krampl, Wolfgang Behringer und Gerd Schwerhoff (2005-2012), “Hexe”, in: Enzyklopädie der Neuzeit Online, Im Auftrag des Kulturwissenschaftlichen Instituts (Essen) und in Verbindung mit den Fachherausgebern herausgegeben von Friedrich Jaeger, http://dx.doi.org/10.1163/2352-0248_edn_COM_280040.

oberes Bild von Witchgarden auf Pixabay

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