„ … daß solches nicht natürlich zugangen“
Einschätzung von Richter und Schöffen, nachdem Catharina Lips unter Folter 1673 nicht geständig war
Catharina Lips wurde mehrfach zwischen 1671 und 1674 in Marburg verhört und eingesperrt. Ihr Fall war bekannt als die Hexen aus Betziesdorf: Sie wurde von ihrer Enkelin Anne Schnabel ‚besagt‘, also beschuldigt. Sie widerstand dem Verhör unter Folter einmal, auch ein zweites Mal, so dass Richter und Schöffen dies als Beweis nahmen, dass solches nicht natürlich sei. Deshalb schlugen sie eine weitere ‚peinliche‘ Befragung, also ihre Folter, vor. Dem stimmte die Regierung nicht zu, der Fall ging an die Landgräfin und sogar an die Juristische Fakultät Straßburg. Eine dann doch erfolgte dritte Folter im Jahr 1674 brachte Catharina Lips zu einem Geständnis. Aus der Aktenlage lässt sich indirekt schließen, dass sie bald darauf hingerichtet wurde.
Das Zitat verdeutlicht, dass selbst Standhaftigkeit gegenüber der Folter als Beleg für eine Verbindung mit den teuflischen Mächten gedeutet werden konnte. Hier zeigt sich die spezifische Logik und Dynamik der Hexenanklage, aus der sich die Beschuldigten selten befreien konnten. Dabei ist dieser Fall ein Beispiel dafür, dass unterschiedliche Akteur*innen auch verschiedene Interessen und Vorgehensweisen hatten. Doch dazu an anderer Stelle mehr.
Nachlesen: Ronald Füssel (2020), Gefoltert. Gestanden. Zu Marburg verbrannt. Die Marburger Hexenprozesse, Marburg, hier ab S. 146ff.